Willkommen in der Hölle

Soeben erschienen: Das Buch zur Rezession von Harm BengenWillkommen in der Hölle” (Lappan-Verlag, EUR 10,00). Zur feierlichen Präsentation lud Harm, der manisch zeichnende, cartoonistische Serientäter die Crème der Berliner Cartoon-Szene an den Boxi (Boxhagener Platz) in Friedrichshain, um seinen Gästen den endlosen Rausch der schrägen Ideen und glühenden Farben seiner Bilder zu offerieren. Harm, der Ostfriese, der jetzt gleich um die Ecke in Ulm lebt, weiß sein Publikum zu begeistern, denn Small Talks sind auf seinen Vernissagen akustisch nur sehr begrenzt möglich, nämlich ständig unterbrochen vom lauten Lachen jener, die zum eigentlichen Zweck kommen: die Cartoons zu betrachten. Kann man ihnen das übel nehmen? Kaum, denn ihre affektartigen Reaktionen sind nicht unterdrückbare Reflexe, so seien die Lachenden entschuldigt :)

Heilige Humor-Hallen: das entspiegelte Glas über den wertvollen Exponaten ist abwaschbar, schließlich könnte hier gelacht werden!

Harm Bengen Vernissage

Dynamisches Duo: Humor ist ein äußerst ernstes Thema, wenn Lachexperten wie Andreas Prüstel und Kriki (Christian Groß) diskutieren

Harm Bengen Vernissage

Ebenfalls konzentriert und immer bei der Arbeit: Harm Bengen bei Signaturen und Frontispiz-Zeichnungen – für die Ewigkeit in seine Bücher gemeißelt.

hoelle-cover

Das neue Werk, um das sich alles dreht!

Peter Thulke

Wie immer gut gelaunt: Zeichner-Star Peter Thulke.

Bernd Pohlenz

Zunächst mal Zaungäste und wegen Überfüllung ausgesperrt, Künstlerkollegen Kittihawk und Bernd Pohlenz (Lasst mich hier rein!).

Wolfgang Kleinert

Impresario und unermüdlicher Streiter für die Cartoon-Kunst: Wolfgang Kleinert – Postkartenverleger und Inhaber der Galerie “Cartoonfabrik”:
Toonpool

Kittihawk und die Verlegerlegende Dieter Schwalm (Lappan) im Kreis von toonpool.com-Mitarbeitern. Freude kommt auch darüber auf, dass Harm Bengen der meistgeklickte Künstler (von über 900 Kollegen aus aller Welt) auf toonpool.com ist. Das Internet und klassische Printwerke gehen neue Allianzen ein :)

Fotos  Nils Panik

Harm Bengen-Ausstellung

Ausstellungsdauer: 23.01. – 15.03.2009
Öffnungszeiten: Mi-So 14 – 19 Uhr
Ort: Cartoonfabrik
Krossener Str. 23 – 10245 Berlin Friedrichsh
ain
Eintritt: 1,00 €

Willkommen in der Hölle

———————————————–

LAUDATIO
Der Laudator (Dieter Schwalm) über den Laudierten:

Ich freue mich, zum ersten Mal die Gelegenheit zu haben, eine Ausstellung miteröffnen zu dürfen, von einem Autoren des Lappan Verlages, dessen Cartoon-Programm ich seit 25 Jahren verantwortlich mache.

25 Jahre im Hauptberuf „Cartoonverleger“ dass schafft Vergleichsmöglichkeiten!

Vergleichsmöglichkeiten unterschiedlichster Art:

·      Wer produziert viele Cartoons, wer kann davon leben?

·      Wer ist zuverlässig und liefert seine Vorlagen rechtzeitig ab?

·      Wer macht viele gute besten Witze, wer macht die Besten Witze?

·      Wer verkauft sich am erfolgreichsten, wer erzielt die höchsten Auflagen?

·      Wer kann eigentlich nicht richtig zeichnen, unter akademischen Gesichtspunkten betrachtet, und wer beherrscht das aus    dem eff eff ?

·      Wer zeichnet große und wer zeichnet kleine Nasen?

·      und, natürlich die wichtigste Frage: lassen sich bestimmte Rückschlüsse ziehen, wie etwa:

ob die Größe der gezeichneten Nasen unmittelbar mit dem Erfolg eines Cartoons zusammenhängt.

Da ich mir erst gestern zur Vorbereitung dieser Veranstaltung diese Fragen gestellt habe, muss ich alle die enttäuschen, die jetzt eine schlüssige Antwort von mir erwartet haben …

Aber, für Harm Bengen und um den geht es heute Abend, gibt es natürlich ein paar passende Schubladen die ich aufziehen möchte, um ihn näher bekannt zu machen.

·      Dass er die Nasen eher klein zeichnet sehen sie selbst …

·      Dass er aus Ostfriesland stammt, sieht man ihm nicht unbedingt an …

·      Wenn man zur Begrüßung ein „Moin, Moin“ von ihm hört, glaubt man dies schon eher …

·      obwohl Harm, ich komme leider jetzt schon auf einen Schatten Deines Lebenslaufes zu sprechen, seit er in         Neu-Ulm wohnt, also irgendwo da unten, wo die Apfelsinenbäume wachsen sollen …

·      Er hat im März Geburtstag, also bald,  und wird in diesem Jahr 54 Jahre alt.

(Gutes Alter, ich spreche aus zehnmonatiger Erfahrung.)

·      Nach dem Abitur verschlug es ihn zum Militär ins Oldenburgische, daran schloss sich eine

·      Lehre als Farblithograf an.

Das war der damals typische Werdegang eines Jung-Maoisten: Nach dem Abi studierte man nicht, sondern machte eine Lehre und ging zur Bundeswehr um die von innen zu zersetzen. Kriegsdienstverweigerung und Studium war es etwas für politische Weicheier …

Da ich aus derselben geografischen Ecke Deutschlands komme und derselben politischen Splittergruppe angehörte, haben wir uns bereits vor mehr als 30 Jahren kennen gelernt.

Ich kann mich gut daran erinnern, Deine Zeichenkunst zum ersten Mal auf Bierdeckeln vorgeführt zu bekommen, in den Kneipen, in denen die bevorstehende Weltrevolution diskutiert wurde…

Das mit der Weltrevolution hat es ja bekanntermassen nicht geklappt, unsere Lebenswege gingen auseinander und haben sich – dank unserer etwas aussergewöhnlichen Berufen immer wieder gekreuzt und führen uns wie am heutigen Abend auch immer wieder zusammen.

·      Nach Deiner Ausbildung zum Farblithografen folgte dann noch ein Grafik-Designstudium in Bremen, wo du viele Jahre mit Frau und Tochter gelebt und gearbeitet hast.

Woraus bestand diese Arbeit in den Achtziger Jahren?

·      Nach einem kurzen Ausflug in die Werbung und der Erkenntnis, dass dies definitiv nichts für dich ist, hast     du wieder als Lithograf angefangen zu arbeiten, um Geld zu verdienen.

Gezeichnet wurde zum Spaß. So hast du, zusammen mit Til Mette, heute ebenfalls einer der bekannten Cartoonisten hierzulande, die weissen Stellen im Bremer Blatt gefüllt, die kurz vor Redaktionsschluss noch zu sehen waren.

Dem Stadtmagazin Bremer Blatt, heute kurz Bremer genannt, bis du bis jetzt treu geblieben ebenso dem OXMOX in Hamburg, wie dem Ostfriesen-Magazin, für das du seit über zwanzig Jahren die plattdeutsche Comic-Serie Ulfert zeichnest.

1986

wurde der große Schritt in die Selbständigkeit getan. Harm Bengen sah sich allerdings nicht in erster Linie als Cartoonist sondern als Comic-Zeichner.

Es entstanden Serien wie „Moona Laser“ und „Sandra Bodyshelly“, die erst in Comicmagazinen wie „schwermetall“ vorabgedruckt und dann in Alben zusammengefasst wurden. Von Sandra Bodyshelly gibt es insgesamt 8 !

Dazu zitiere ich Achim Schnurrer, der Verleger seiner meisten Comic-Bücher, die bei der Edition Kunst des Comics erschienen sind.

„Diese Mischung aus Parodie, Erotik, gelegentlich auch recht deftiger Art, und ironischen Wortspielen, eingebettet in eine turbolente, actionreiche und spannungsgeladene Handlung, ist das Erfolgsrezept, das Harm Bengen bei „Sandra Bodyshelly“ zur Perfektion entwickeln sollte.
Die selbstbewusste, leidenschaftlich-lesbische Blutsaugerin versprüht auf den kunstvoll kolorierten Seiten dieser Serie eine Lebenslust, die wohl nur Untote in dieser Intensität entwickeln können.“

Da spricht ein echter Fan. Für alle Comic-Fans hier: die Serie Sandra Bodyshelly wurde von Carlsen übernommen und dann mit dem achten Band im Jahre 2004 eingestellt.

Wie mir Harm vorhin sagte, plant er aber doch noch einen letzten Band um diese Serie abzuschliessen. (Erscheinungstermin vielleicht 2010 zur Comicmesse in Erlangen)

Bevor ich auf den Cartoonisten Harm Bengen zu sprechen komme, sei noch erwähnt, das mit dem Comic „Störtebeker“ das erste Lappan-Buch von ihm 1993 erschienen ist.

2000

Mit dem Jahr 2000 begann nicht nur ein neues Jahrtausend, sondern auch insofern eine neue Ära für Harm Bengen, weil er ab sofort regelmässig für das Internet-Portal web.de Cartoons beisteuerte und zwar mit der Verpflichtung 200 neue pro Jahr zu schaffen! Da diese Verpflichtung acht Jahre überdauerte sind hier allein über 1600 neue Cartoons entstanden.

Mithin ist Harm Bengen, als ein sehr fleissiger Cartoonist einzuordnen.

Es ist natürlich auch seinem Fleiss zu verdanken, dass ab 2002 mittlerweile vier Cartoonbücher von Harm Bengen bei Lappan erscheinen konnten. Aber nicht die Menge macht es, sondern der Witz und der ist bei ihm aussergewöhnlich.

Für mich ist Harm Bengen einer der besten Witzezeichner schlechthin und
es gibt diese Ausnahme-Cartoons von ihm, die nur ganz wenigen gelingen:

Wollen Sie eine Tüte? Wird die Oma an der Supermarktkasse gefragt.

Danke Frollein, wenn ich jetzt kiffe, vergess ich wieder die Hälfte!

Als Postkarte wurde dieser Cartoon über 100tausend mal verkauft und er ist das Titel des erfolgreichsten Buches von Harm Bengen!

Ich könnte eine ganze Anzahl meiner persönlichen Lieblinge aufzählen –

Allerdings finde ich es spannender anderen über die Schulter zu schauen und dabei zuzuhören, wie die Witze kommentiert werden.

So geschehen mit dem neuesten Buch von Harm Bengen, dass ich bereits am letzten Freitag verschenken konnte:

Die meisten Lacher bekam dieser Cartoon:

„Du und Dein Übertritt zum Islam. Hab jetzt rausgekriegt, dass ich mich zuhause gar nicht verschleiern muss.!

Knapp gefolgt von dem alten Mann im Bett, der den Sensenmann mit den Worten begrüsst:

„Ich wird verrückt! Der Tod!! Das ich das noch erleben darf!

Fast folgerichtig haben wir gemeinsam diesen schönen Titel für das neue Buch von Harm Bengen ausgewählt. Willkommen in der Hölle!

Ich war überrascht, als Harm sagte:

„Viel treffender könnte man einen Einstieg in seine Cartoonwelt nicht gestalten…“

Wer jetzt nur bitterböse und schwarzhumorige Cartoons erwartet wird enttäuscht sein, die höllische Cartoonwelt von Harm Bengen ist der Alltag, seine Protagonisten sind keine erfundenen Monster – sondern (fast) Menschen wie du und ich.

Und der hier beschriebene Alltag ist natürlich auch nicht unser Alltag, sonst könnten wir uns nicht so herrlich darüber amüsieren. Oder?

Egal. Viel Spass in dieser Ausstellung, mit diesen Bildern von Harm Bengen und mit seinem neuen Buch, dass Harm nicht nur signieren wird, sondern auf Wunsch mit schönen Bildern wie einstmal auf Bierdeckeln, versehen wird.

© toonpool.com
 

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5 Responses to “Willkommen in der Hölle”

  1. Harm says:

    ich danke euch für bericht, fotos und anwesenheit!!

    besten gruß,
    harm

  2. mil says:

    Schöner Bericht, die Fotos fangen die Atmosphäre wirklich gut ein, aber so sehr ich Harms Werke auch mag (ausser Sandra Bodyshelly, das war nie so ganz mein Fall), ist nicht FeliXfromAC der meistegeklickte Künstler auf toonpool?
    Oder sind die Klicks etwas anderes als das, was bei “gesehen” (wohl die Views ?) gezählt wird?

  3. toonpool says:

    Damit ist dann eher der Künstler mit dem meistgeklickten Cartoon:

    http://www.toonpool.com/cartoons/Tokio%20Hotel_4502

    gemeint.

  4. mil says:

    Ah, etwas mißverständlich ausgedrückt im Artikel…

  5. Awesome things here. I’m very glad to look your post. Thanks so much and I am having a look ahead to contact you. Will you please drop me a mail?

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