Day After Day

Andreas Eikenroth lebt und arbeitet in Gießen. Seit März 2010 veröffentlicht er jeden Tag einen seiner “Chronicartoons” bei toonpool.com. Sein Ziel ist dabei, täglich einen Cartoon zu historischen Ereignissen zu produzieren. English version on page 2.

Andreas, wie sieht denn deine Arbeit an den “Chronicartoons” aus – von der Recherche bis zum fertigen Cartoon?

Am Anfang hatte ich eigentlich nur die Ideen für ein paar bestimmte Tage – Ich glaube, es waren der Mondlandungsgag und der Mount Rushmore-Gag. Ich habe mich gefragt, ob es möglich wäre, ein ganzes Jahr zu füllen.

Bevor ich mich ans Zeichnen machte, hab ich erst mal die Büchereien und Wikipedia durchforstet, mir Ereignisse rausgesucht, die pointentauglich waren und dann eben versucht, die Pointen auch zu finden. Nachdem ich dann für 365 Tage Ideen hatte, hab ich mich ans Zeichnen gemacht. Es hätte ja keinen Sinn ergeben, anzufangen, wenn auch nur ein Tag dabei gewesen wäre, für den ich nichts gefunden hätte.

Und so zeichne ich die Dinger, versuche immer, so ein bis zwei Wochen Vorlauf zu haben, überarbeite den einen oder anderen nochmal, dann Tuschen, Einscannen, Photoshop, fertig.

Hat sich durch die Arbeit an der Reihe dein Verhältnis zu Geschichte geändert?

Hmm … Ich merke mir ja leider nicht alle Chronicartoons-Daten, aber ich glaube, mittlerweile käme ich bei “Wer wird Millionär” schon ‘ne Stufe weiter als früher…

Ich kann mir vorstellen, dass es manchmal schwer ist, ein passendes Ereignis zu finden. Gab es auch schon die gegenteilige Situation – dass du Schwierigkeiten hattest, dich zu entscheiden?

Ja, manche Tage geben schwer was her. Aber es muss bzw. soll ja nicht immer ein Lacher sein. Bei Tagen, die mehrere Gags bereitstellen, suche ich mir den aus, der mir am besten gefällt und hebe den Rest auf. Vielleicht geht es ja irgendwann in ein zweites Jahr…

Du produzierst außer den Chronicartoons noch andere Cartoonreihen, z.B. “Gelle Gießen”. Wie funktioniert das denn praktisch? Hast du einen festen Zeitplan. sagen wir “9-11 Uhr Gelle Gießen, danach zwei Stunden Chronicartoons, dann Mittagspause, usw…?

Es kommt dran, was zeitlich am wichtigsten ist. Ideen habe ich für jede Serie einige auf Vorrat. Der Strip für den “Gießener Anzeiger” ist wöchentlich, beim “Tätowier-Magazin” habe ich mehr Zeit, weil das monatlich erscheint. Das “Theaterblatt” erscheint nur alle zwei Monate und ‘ne Mieterzeitschrift, für die ich auch zeichne sogar nur alle drei Monate.

Wenn das alles abgehakt ist, quasi in die Lücken, kommen die Sachen, für die ich (noch) nicht bezahlt werde und für die ich mir nur selbst den Abgabe-Druck stelle.

Neben deinem Zeichenstil haben auch die Farben, die du benutzt einen hohen Wiedererkennungswert. Kannst du noch nachvollziehen, wie du zu dieser Palette gekommen bist?

Deutscher Expressionismus und osteuropäische Illustratoren der 60er und 70er Jahre, da steh ich ziemlich drauf. Da könnte das ein oder andere mit reingerutscht sein…

Kannst du Beispiele geben?

Bei den Illustratoren Herbert Leupin und Alain Grée. Zugegebenermaßen beides keine Osteuropäer. Aber sie zeichnen so. Dann noch Fjodor Chitruk, der den russischen und viel cooleren “Winnie Puh” Film gemacht hat, und Walter Trier, den viele wahrscheinlich von den Erich-Kästner-Buchdeckeln her kennen. Allerdings ist der auch kein Osteuropäer.

Vielleicht sollte ich das “osteuropäisch” streichen und stattdessen “30 bis 70er Jahre” sagen. Bei den Expressionisten mag ich vor allem Kirchner, Müller, Beckmann und Grosz..

Letzte Frage: warum die Mickymausohren auf deinem Avatar?

Ach, der Avatar. Da könnte ich mal einen Neuen zeichnen. Die Ohren sind für mich einfach das Sinnbild für oberglattgebügelten, kantenlosen Mainstream. Dazu als Kontrast mein missmutiges Mehr-oder-weniger-independent-aber-dafür-nicht-reich-und-berühmt-Gesicht. Fand ich wohl irgendwie passend…

Danke, dass du dir die Zeit genommen hast!

Paul Hellmich

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© toonpool.com
 

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One Response to “Day After Day”

  1. mailto says:

    good job!

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