Ralph Ruthe, Jahrgang 1972, zeichnet Cartoons: bunt, rechteckig und ziemlich erfolgreich. Seine Reihe “Shit Happens!” wird in Zeitungen und Magazinen in Deutschland, Österreich und der Schweiz abgedruckt. Im Carlsen Verlag sind mittlerweile vierzehn Bücher von Ruthe erschienen.
Ralph, vom 28. November bis zum 10. Januar läuft in der Berliner Cartoonfabrik “Shit Happens! – Die Ausstellung”… Was wird da zu sehen sein?
Zum einen eine große Auswahl meiner persönlichen Lieblingscartoons aus den letzten sechs Jahren – als großformatige Drucke und teilweise auch als Originalzeichnung. Zum anderen zeige ich Skizzen, Entwürfe und Scribbles, gebe also Einblick in meine Arbeitsweise. Dazu gehören sowohl die handwerkliche Seite des Zeichnens, als auch die Ideenfindung.
Die Ausstellung war Anfang April schon einmal für einige Monate im wunderschönen Literaturmuseum in Oelde zu sehen. Ich freue mich riesig, dass Wolfgang Kleinert von der Cartoonfabrik sie jetzt nach Berlin geholt hat.
Kannst du irgendworan festmachen, welche deiner eigenen Cartoons dir am besten gefallen?
Ich bin besonders stolz auf Gags, bei denen ich selbst gar nicht mehr sagen kann, wie ich darauf gekommen bin. Eigentlich sind meine Ideen nur ganz selten Geistesblitze, sondern meist wirklich konkret “erarbeitet”. Wenn sich Cartoons beim Betrachten trotzdem so spontan und direkt anfühlen, als hätte es den Arbeitsprozess nie gegeben, bin ich schon etwas stolz.
Bei der Ausstellungseröffnung am 27. November wirst du zusammen mit Flix live auftreten. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Wir arbeiten mit einem Laptop, der über einen Beamer Cartoons, Filme oder auch ganze Comics auf eine Leinwand projiziert. Die einzelnen Elemente verbinden wir über eine Moderation. Ich selbst lese Texte vor, die eine Art roten Faden bilden. Flix liest seine Geschichten Bild für Bild vor. Das ist sehr unterhaltsam und abwechslungsreich. Sagen zumindest unsere Zuschauer.
Bevor du angefangen hast, Cartoons zu veröffentlichen, hast du als Texter gearbeitet – u.a. für “Käpt’n Blaubär”. 2007 hast du Regie bei einem halbstündigen Spielfilm geführt, für den du auch das Buch geschrieben hattest, und du trittst regelmäßig live mit deinen Cartoons auf. Wie unterscheidet sich die Arbeit an einem Cartoon von der Arbeit an einem längeren Text, z.B. einem Drehbuch?
Die Art und Weise, wie man Geschichten erarbeitet, eine Pointe perfektioniert, das ist eigentlich immer gleich und völlig unabhängig vom Medium. Sicher, bei Comic und Cartoon kann man oft noch visueller arbeiten. Aber inzwischen bin ich mit vielen Autoren befreundet, die für Spielfilme und Comedyserien arbeiten. Wir stellen immer wieder fest, wie ähnlich wir ticken und wie viele Parallelen es in unseren Arbeitsweisen gibt. Letztendlich sind wir Humoristen, Erzähler. Und es geht immer nur um die Figuren. Ob die in einem Ein-Bild-Gag gezeichnet sind oder als realer Mensch über eine Leinwand laufen ist erst mal wurscht.
Ich hatte in den letzten Jahren den Eindruck, dass in Deutschland eine bestimmte Form von Single-Panel-Cartoons immer beliebter wird: glatt und professionell gezeichnet und ein bisschen schwarzhumorig, dabei moderner als z.B. Tetsche und nicht so seltsam wie F. K. Waechter und Co. Beispielsweise werden häufig Vergleiche zwischen dir und Joscha “Nichtlustig” Sauer aufgestellt und auch auf toonpool.com gibt es mehrere Künstler mit einem ähnlichem Ansatz…
Richtig, deine Beobachtung was die Single-Panel-Cartoons betrifft kann ich bestätigen. Joscha und ich sind seit 2001 befreundet. Humormäßig lagen wir von Anfang an ziemlich auf einer Linie. Zeichnerisch haben wir uns einander über die Jahre immer mehr angenähert, ohne dass das geplant gewesen wäre. Sein Stil ist bunter und glatter geworden, meiner reduzierter und klarer. Der Erfolg unserer Sachen hat wohl wirklich viele junge Zeichner dazu bewegt, ähnliches Material zu produzieren. Wobei ich Joschas Einfluss da doch als noch etwas größer einschätze als meinen.
Gibt es da eine Szene, in der auch ein Austausch stattfindet?
Ja, Joscha und ich arbeiten oft zusammen. Einige Nichtlustig-Gags sind von mir, einige Shit-Happens-Gags sind von ihm. Mit Flix, Perscheid und Martin Zak sind wir befreundet und reden viel über die Arbeit. Ich glaube, dass sich Künstler mit ähnlichem Stil und Ansichten auf kurz oder lang immer kennenlernen werden.
Du bist ja sehr produktiv, inzwischen sind 14 Bücher von dir erschienen. Musst du aufpassen, dass du keine Gags zeichnet, die jemand anderes schon mal hatte… oder du selbst?
Dass man mal auf eine Idee kommt, die ein anderer schon hatte, ist bei einem hohen Output unvermeidbar. Das ist sowohl Perscheid als auch mir, Flix und Joscha schon passiert. Finde ich auch gar nicht schlimm. Was nicht geht, ist konkretes Klauen. Solange ich nicht wissentlich abkupfere, habe ich mit solchen Überschneidungen kein Problem. Aber ich versuche, mich selbst ständig zu überraschen und so originell wie möglich zu sein. Wenn ich eine Idee für zu naheliegend halte, mache ich sie nicht.
Gary Larson ist ja 1995 in Pension gegangen, weil er keine Lust mehr hatte, ständig neue Cartoons produzieren zu müssen. Hast du einen Plan für ein Leben nach den Cartoons?
Momentan sehe ich nicht, wieso ich aufhören sollte, Cartoons zu produzieren. Noch nie fiel mir etwas so leicht und hat gleichzeitig ein so großes Publikum erreicht. Ich will mich weiter ausprobieren, mache momentan viele Trickfilme, strecke meine Finger weiter aus Richtung Bühne . . . aber die Basis für all das, das Fundament, sind die Cartoons. Ihnen verdanke ich überhaupt, dass ich die Zeit und die finanziellen Möglichkeiten habe, mich in anderen Bereichen auszuprobieren. Und das ist ein Luxus, für den ich sehr dankbar bin.
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast!
Paul Hellmich
“Shit Happens! – Die Ausstellung”
28. 11. 2009 bis 31.1.2010
Mittwoch – Sonntag (14-19 Uhr)
Eintritt: 1 €
Cartoonfabrik, Krossener Str. 23 (Berlin-F’-Hain)
(am Boxhagener Platz)
Eröffnung: Freitag, den 27.11.09, 20 Uhr
(LIVESHOW mit Ralph Ruthe & Flix)
Tags: Ausstellung, Cartoonfabrik, Flossen, Ralph Ruthe, Shit Happens!
Als künstlerischer Leiter der Lagenser Kunst-Stiftung Sibylle Dotti habe ich vor zwei Jahren eine Comik-Ausstellung organisiert. Diese kam sehr gut, vor allem bei einem jüngeren Publikum an. Ich würde gerne 2010 eine Cartoonausstellung machen und bin an Ralph Ruthe interessiert, weil seine Heimatstadt Bielefeld nur 20 km von Lage/ Lippe entfernt ist und ich die Argeiten von R.R. sehrt schätze.
Mit freundlichem Gruß
Günter Schulz
1. Vorsitzender der Lagenser Kunst-Stiftung Sibylle